Reinmar Cunis:
Vryheit do ik jo openbar

Die Story behandelt die Anstrengungen Bremens, sich aus zunehmender wirtschaftlicher Not heraus von der Bonner Regierung abzukoppeln. Anhand fiktiver geschichtlicher Dokumente, in denen Vertreter aller Bevölkerungsgruppen zu Wort kommen, erzählt der Autor, wie sich die gesamte Bürgerschaft - von den Arbeitern bis zu den Politikern aller Senatsparteien - solidarisiert und den Schritt zur Separation wagt.

Cunis läßt in seiner Geschichte die Sprache in vielfältiger Form auftreten, von Tagebuchaufzeichnungen über die Schlagworte von Pressetexten bis zur Lyrik, und es gelingt ihm, die Stimmungslage in den einzelnen Bevölkerungsgruppen adäquat wiederzugeben. Obwohl von Anfang an klar ist, daß sich die Probleme nicht durch das Abspalten eines Bundeslandes lösen lassen, schafft es der Autor durch plastische und zeitweise ironische Schilderung der Ereignisse, die Entwicklung in Bremen als Beispiel für eine mögliche Zukunft der Bundesrepublik hinzustellen, und wie uns die Separationsbewegungen in unseren europäischen Nachbarländern zeigen, kann diese Entwicklung durchaus realistisch sein.

Vor allem durch die lockere Erzählhaltung wird der Leser nach kurzer Zeit derart mit den handelnden Personen vertraut gemacht, daß er mit ihnen sympathisiert, ihre Bemühungen versteht und gegen Ende erkennt, daß nicht logische, sondern emotionale Gründe am Beginn eines Separationsbestrebens stehen.

Originelles Thema, durchdachte Ausarbeitung und einwandfreie Sprache dieses Werkes veranlaßten das Komitee, es zu besten Kurzgeschichte 1986 zu erklären.

Thomas Recktenwald
- für das Literaturpreiskomitee -


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